Volvo oder die Liebe zum Ziegelstein

 Warum so etwas Eckiges?

Meine automobile Leidenschaft ist durch meine Kindheit geprägt. Sie führte mich quasi automatisch zu Volvo. In den siebziger und achtziger Jahren waren die meisten Autos in der damaligen DDR eckig. Lada, Shiguli, Moskwitsch und Wartburg prägten neben dem Trabant das Straßenbild. Mein Vater fuhr anfangs Moskwitsch, später einen Wartburg 353 in Hellblau. Das erste Fahrzeug, an welchem ich mit einem Schraubenschlüssel hantieren durfte.

Ich fand den alten Dreizylinder immer schön und bequem. So besaß ich Anfang der neunziger Jahre einige davon. Sie waren um die Wendezeit ja überaus günstig zu haben. Bereits für eine symbolische Mark war ein brauchbarer Wartburg käuflich. Kurzzeitig war auch ein anderes östliches Urgestein, welches technisch aus dem Hause Opel stammte, nach dem Krieg jedoch als Moskwitsch 402 gefertigt und verkauft wurde, in meinem Besitz. Schade das ich damals nicht schlauer war und ihn erhalten habe. In den fünfziger Jahren gebaut, hatte das gute Stück noch eine durchgehende Sitzbank vorn, eine Lenkstockschaltung und eine Handbremse ähnlich Mercedes unter dem Armaturenbrett. Ein Loch in der vorderen Stoßstange und eine Kurbel im Kofferraum ermöglichte das Starten auch bei leerer Batterie. Lustig auch der Scheibenwischer. Er war an den Antriebsmotor gekoppelt und damit drehzahlabhängig. Bei starkem Regen in niedrigen Drehzahlen war die Sicht gleich null. Bei hohem Tempo stieg indes die Angst, dass die Wischer wegfliegen. Leider fehlten mir damals noch die handwerklichen Fähigkeiten und das passende Equipment.

Über die Jahre fuhr ich noch einige schöne Klassiker. Ein VW Golf 1 war dabei, ebenso wie ein Honda Accord Hatchback aus dem Jahre 1981. Mitte der neunziger Jahre fiel mir ein Volvo ins Auge. Ein 850 Kombi. Die Form rief Kindheitserinnerungen in mir hervor und begeisterte mich sofort. Auch technisch war das Auto für mich faszinierend. Fünf Zylinder mit einem einzigartigen Sound, die gute Ausstattung, ein Armaturenbrett wie eine Burg und die schiere Größe sagten mir, wenn ich es mir leisten kann, der muss es sein.

 Mein erster Brick (Volvo)

2010 kam mein erster Volvo. Bolero hatte ich in einem Inserat gefunden. Der schwarze Elch gefiel mir auf Anhieb. Der Preis war lächerlich. Also ab nach Eisenach und in der Geburtsstätte des Wartburg meinen ersten Schweden gekauft. Es war ein Volvo 850 Kombi aus 1994. 2,5-Liter-Motor mit 10 Ventilen und 140 PS. Ausgestattet mit Klimaanlage, elektrischen Fensterhebern, Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung, Tempomat und Sitzheizung war er noch weit von einer möglichen Vollausstattung entfernt, aber erstmal passabel. Meine technischen Fertigkeiten waren zu diesem Zeitpunkt bereits gewachsen. So konnte ich anfängliche kleine Probleme selbst lösen. Nach dem Tausch des Thermostats, der Querlenker, Spurstangenköpfe und Koppelstangen lief er sehr schön. Der Wechsel der Ölfalle und die Reinigung der Drosselklappe wurden kurze Zeit später erledigt.

Das Schöne an diesen Klassikern ist, sie lassen sich mit etwas Erfahrung hervorragend selbst reparieren. Und das zum Teil recht unkonventionell. Ich war derzeit in einer Umschulung und sollte an einem Montag meine IHK-Prüfung in Halle an der Saale ablegen. Von meinem damaligen Wohnort (ein abgeschiedenes Dörfchen) etwa 50 Kilometer entfernt und mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr schlecht zu erreichen. Samstagabend fiel mir ein leichter Benzingeruch auf. Meine Diagnose ergab defekte Dichtungen der Einspritzventile. Verdammt. Der nächste Volvo Händler ist 40 Kilometer entfernt. Keine Chance, rechtzeitig die passenden Dichtringe zu bekommen. Als Bastler alter Schule habe ich gelernt, mit Provisorien und Alternativen zu arbeiten (wo es denn möglich ist). Ich hatte noch ein paar In-Ear-Kopfhörer im Schrank und hab mir die Gummis derselben angeschaut. Nach dem Ausbau der Einspritzventile habe ich festgestellt, dass die Gummis über die Dichtringe passen. Nach der Montage der präparierten Dichtungen und Einspritzdüsen ergab der Test, alles dicht. Die Prüfung kann kommen. Natürlich habe ich mich im Anschluss an die Prüfung um die richtigen Teile gekümmert und diese verbaut.

Ein Volvo zieht durch die Welt

Im Laufe der Jahre hatte ich noch einige Volvos mit unterschiedlichen Motorisierungen. Ein 20-Ventiler mit 170 PS, ein Fünfzylinder-Turbodiesel mit 140 PS und nun meinen Bolero III, ein V 70 erster Serie aus 1998 mit einem 2,5-Liter-Softturbo mit 193 PS und Automatikgetriebe. Durch die verschiedenen Motorisierungen lernte ich stetig dazu. Es macht mir Freude, meine Fahrzeuge selbst in Schuss zu halten und auch in der Ausstattung zu verbessern. Natürlich nur original. Volvo war zu Beginn der neunziger Jahre der erste Autohersteller, der sein Audiosystem in allen Belangen an den Innenraum angepasst und optimiert hat. Die originalen Radios von Volvo stammen ursprünglich von Alpine, die Lautsprecher vom dänischen Hi-Fi-Spezialisten Dynaudio. Nach jahrelanger Suche konnte ich ein rares Dolby-Surround-System mein Eigen nennen und verbauen.

Einen seltenen Heckspoiler mit Bremslicht konnte ich auch ergattern. Nur leider war dieser ohne Halterungen. Die wiederum waren schon lange nicht mehr lieferbar und auch gebraucht nicht zu haben. Ich erfuhr, dass es vielen Volvobesitzern so ging und überlegte, was ich tun kann. Ein Freund aus der Szene schickte mir einen Satz Halterungen, die ich als Vorlage für eine Schablone nutzen konnte. Der erste Versuch glückte und ich konnte meinen Spoiler montieren. In mühevoller Handarbeit stellte ich über Jahre Nachbauten her und verkaufte die für kleines Geld. Nicht nur deutsche Volvo Fahrer waren interessiert. Ich verschickte sie nach Österreich, Schweiz, Dänemark, Schweden und sogar in die USA. Vor wenigen Jahren jedoch haben sich andere der Produktion angenommen und fertigen die Teile mit moderner Technik.

An meinem aktuellen Elch habe ich bisher alles selbst repariert. Er wird gerade auf eine größere Reise durch Europa vorbereitet. Eventuell begleitet er mich in zwei Jahren auch über die Grenzen des Kontinents hinaus. Bisherige Reparaturen:

  •  Thermostat und Temperaturfühler
  •  Nockenwellensensor
  •  Magnetventil der Nockenwellenverstellung
  •  Unterdruckschläuche
  •  Kurbelgehäuseentlüftung komplett
  •  Turboschläuche (Silikon)
  •  Stabilisatoren vorn
  •  Bremsen vorn komplett
  •  Bremsschläuche komplett mit Bremsflüssigkeitswechsel
  •  Spülung Automatikgetriebe
  •  Drehmomentlager oben und unten
  •  Benzinfilter
  •  Lichtmaschine
  •  Keilriemen und Spanner
  •  Batterie

Noch anstehend (wegen Übergabe meiner Werkstatt an einen Freund durch diesen ausgeführt):

  •  Querlenker
  •  Lenkstangen
  •  Lenkmanschetten
  •  Achsmanschetten

Danke an Johnny und Biene (Schrauberhalle Ost; Hobbywerkstatt für Volvo)!

Auf geht’s!

Im November 2022 starte ich meine Reise durch die Welt und mein Bolero wird mich begleiten. Berichte zu allem, was mit meinem Volvo zu tun hat, sowie andere automobile Begebenheiten während meiner Reise sind hier zu lesen. Diese Seite werde ich hin und wieder aktualisieren.

Leider Pech

Es gibt News. Leider hat mich mein geliebter Volvo 14 Tage vor Abreise verlassen. Ein kapitaler Motorschaden ist der Grund. Ursache vermutlich mangelnde Wartung durch den Vorbesitzer. Dieser hat es mit den Ölwechselintervallen wohl nicht sonderlich ernst genommen. Dadurch hat sich vermutlich ein Ölrücklauf vom Kurbelgehäuse zugesetzt und für einen erheblichen Überdruck gesorgt. Dies hat wiederum die Ventile daran gehindert, zu schließen. So haben die Kolben die Ventile zerstört und eventuell sind auch die Pleuel krumm. Sehr schade. Habe viel hineingesteckt an Zeit und Geld. Hatte ihn da, wo ich ihn haben wollte. Nun muss vorerst ein alter Renault herhalten.